Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes bei sog. „Share-Deals“

Parapraph

Am 21.04.2021 hat der Bundestag das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes verabschiedet. Mit der Gesetzesänderung sollen insbesondere die Regelungen für Anteilsübertragen von grundstückshaltenden Gesellschaften (sog. „Share-Deals“) erneuert werden. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 07.05.2021 zugestimmt.

Die Gesetzesänderungen treten mit Wirkung zum 01.07.2021 in Kraft.

Folgende wichtige Änderungen sieht das Gesetz vor:


Absenkung der Beteiligungsgrenze von 95 auf 90 % (§ 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG-E)

Nach aktueller Rechtslage können Anteilsübertragungen an einer grundstückshaltenden Personen- oder Kapitalgesellschaft grundsätzlich bis zu einer Anteilshöhe von 94,9 % durchgeführt werden, ohne dass dies zu einem grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang führt (§ 1 Abs. 3 und 3a GrEStG).

Im Falle des § 1 Abs. 2a GrEStG kommt es bei grundstückshaltenden Personengesellschaften auch dann zur Grunderwerbsteuer, wenn innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Außerhalb der Fünf-Jahresfrist kann bei Personengesellschaften im Hinblick auf § 1 Abs. 2a GrEStG daher eine Anteilsaufstockung auf 100 % vorgenommen werden.

Nach neuer Rechtslage werden die Beteiligungsgrenzen in allen Fällen von 95 auf 90 % herabgesenkt sowie der Betrachtungszeitraum des § 1 Abs. 2a GrEStG von fünf auf zehn Jahre verlängert.

Einführung eines neuen Ergänzungstatbestands für Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 2b GrEStG-E)

Bisher kam es bei Anteilsübertragungen einer grundbesitzhaltenden Kapitalgesellschaft nur dann zu einem grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang, wenn mindestens 95 % der Anteile in der Hand eines Erwerbers vereinigt wurden oder ein bereits vereinigter Anteil in Höhe von 95 % übergegangen ist.

Mit § 1 Abs. 2b GrEStG-E wird nun ein weiterer Ergänzungstatbestand geschaffen, mit dem Gesellschafterwechsel auf Ebene einer grundstückshaltenden Kapitalgesellschaft von mindestens 90 % innerhalb von zehn Jahren ebenfalls der Grunderwerbsteuer unterliegen. Die Vorschrift entspricht weitestgehend der Regelung des § 1 Abs. 2a GrEStG für Personengesellschaften. Auch hier ist daher als Tatbestandsvoraussetzung die Anteilsübertragung auf neue Gesellschafter maßgeblich. Anteilsverschiebungen zwischen sog. „Altgesellschaftern“ werden von der neuen Vorschrift nicht erfasst.


„Share-deals“ kritisch bei Verpflichtungs- vor dem 01.07. und Verfügungsgeschäft nach dem 30.06.2021

Die Neuregelung des § 1 Abs. 2b GrEStG für grundstückshaltende Kapitalgesellschaften soll nur für solche Anteilsübertragungen gelten, die nach dem 30.06.2021 verwirklicht werden. Anteilsübertragungen, die vor dem 01.07.2021 vorgenommen wurden, sind im Hinblick auf den schädlichen Schwellenwert von 90 % nicht zu berücksichtigen.

Hierbei ist allerdings zu beachten, dass der Tatbestand des § 1 Abs. 2b GrEStG vermutlich erst in dem Zeitpunkt erfüllt ist, in dem die Gesellschaftsanteile dinglich – also erst bei Abtretung - auf die neuen Erwerber übergehen.

Dadurch kann es bei gewissen Transaktionen, bei denen das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft – der Abschluss des Kaufvertrags – bereits vor dem 01.07.2021 abgeschlossen wurde, die Abtretung der Anteile aber erst nach dem 30.06.2021 erfolgt, ggf. zu einer doppelten Grunderwerbsteuerpflicht kommen.

Verlängerung der Vor- und Nachbehaltensfristen

Grundstücksübertragungen zwischen Gesellschafter und Personengesellschaft können ggf. grunderwerbsteuerfrei durchgeführt werden. So besagt z. B. die Regelung des § 5 Abs. 2 GrEStG, dass eine Grundstücksübertragung eines Alleineigentümers auf eine Personengesellschaft in Höhe des Anteils nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt, zu dem der Veräußerer an der Gesellschaft beteiligt ist.

Voraussetzung für diese Steuerbefreiung ist, dass sich der Anteil an der Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach der Übertragung des Grundstücks nicht vermindern darf (sog. fünfjährige Nachbehaltensfrist).

Für ähnlich gelagerte Steuerbefreiungen sind ebenfalls entsprechende Vor- und Nachbehaltensfristen einzuhalten. Für diese Fristen sieht das neue Gesetz nun Anpassungen vor. Demnach werden sämtliche Nachbehaltensfristen von fünf auf zehn Jahre verlängert (§ 5 Abs. 3 und § 6 Abs. 3 GrEStG-E). Ferner werden die Vorbehaltensfristen von fünf auf zehn / 15 Jahre verlängert (§ 6 Abs. 4 GrEStG-E).


Fazit und Handlungsbedarf

Durch die Neuregelung werden Anteilsübertragungen an grundstückshaltenden Gesellschaften deutlich erschwert. Soweit Transaktionen angedacht sind, sollten diese möglichst noch vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 01.07.2021 vorgenommen werden.

Vorsicht ist hingegen insbesondere bei Transaktionen geboten, die Anteilsübertragungen von grundstückshaltenden Kapitalgesellschaften vor dem 01.07.2021 betreffen. Vor dem Hintergrund der fehlenden Übergangsregelung im Hinblick auf die Neuregelung des § 1 Abs. 2b GrEStG-E ist bei solchen Übertragungen eine Einzelfallprüfung zu empfehlen.

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